Eichelhäher

Eichelhäher: Unveröffentlichtes und verworfenes Manuskript vom 28.08.1997 zum Einflug des Eichelhähers 1996 in Westfalen

Der auffällige Einflug des Eichelhähers (Garrulus glandarius) im Spätsommer 1996

von Werner und Falko Prünte

Zusammenfassung
Zwischen dem 26.8. und dem 26.9.1996 konnte in Fröndenberg, Kreis Unna, bei täglichen morgendlichen Kontrollen ein auffälliger und jahreszeitlich außergewöhnlich früh verlaufender Einflug des Eichelhähers mit 2992 überziehenden Exemplaren, davon 2820 in südwestliche Richtungen fliegende Individuen registriert werden.

Summary
The conspicuous irruption of Jay (Garrulus glandarius) in late summer 1996
Between the 26.8. and 26.9.1996 in Fröndenberg (District Unna, Northrhine-Westfalia) there was a conspicuous and early in the time of the year passed irruption of Jay, with 2992 migrating individuals, 2820 of it flow in south-westly directions.

Von Ende August 1996 bis zum letzten Septemberdrittel 1996 registrierten wir in Fröndenberg-Ardey (Kreis Unna, Nordrhein-Westfalen) einen auffälligen Einflug des Eichelhähers (Garrulus glandarius). Wir hatten während eines Kleinvogelberingungsprogramms von Anfang August bis Ende Oktober die Gelegenheit, die Zugbewegungen des Eichelhähers täglich in der Zeit von 6.00 Uhr bis 11.15 Uhr zu verfolgen. Der Beobachtungsort liegt am leicht südlich exponierten Haarstrangabfall umgeben von Ackerflächen und kleineren Feldgehölzen und weist eine Rundumsicht von ca. 2 km auf.

Schon Mitte August fielen uns die gehäuften Flugbewegungen der Eichelhäher auf, deren Flugbahnen sich aber zu diesem Zeitpunkt noch keiner Vorzugsrichtung zuordnen ließ, und von uns der „normalen“ Dispersionsbewegung der Art zugerechnet wurden. Erst am 26. August beobachteten wir gegen 7.40 Uhr 3 sehr hoch und zielstrebig nach WSW durchziehende Eichelhäher, die uns zur weiteren Zählung der durchfliegenden Häher motivierten. Futtertragende und „Revierverhalten“ aufweisende Häher wurden von uns im Rahmen dieser Zählung nicht berücksichtigt. Ab dem 1. September stiegen dann die Zahlen der beobachteten Exemplare fast täglich an (vgl. Abb. 1). Bis zum 26.September registrierten wir insgesamt 2992 überfliegende Eichelhäher, davon zogen 2820 (94 % aller Individuen, 83 % aller Trupps) in westliche bis südliche Richtungen. Bis zum 16. September konnten wir ausschließlich westliche bis südliche Flugrichtungen beobachten, bis zum 18. September überwogen diese noch deutlich. Erst nach diesem Datum kehrte sich die Richtungsverteilung zugunsten von östlichen bis nördlichen Richtungen um. Nach dem 26. September waren keine auffälligen Zugbewegungen – weder westlich-südliche noch östlich-nördliche – mehr zu beobachten.

Zughöhepunkte konnten wir am 9. und am 15. September mit 700 und 730 morgendlich ziehenden Exemplaren feststellen. Hoch durchziehende Trupps blieben die Ausnahme. Die weitaus überwiegende Zahl der registrierten Häher flog in arttypischer Weise in geringer Flughöhe und unter Ausnutzung deckender Gehölzstrukturen (vgl. GATTER 1974, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993). Wurden von den Hähern vermeintliche Gefahren – Greife, Schußgeräusche etc. – wahrgenommen, fielen die Trupps sofort in das nächstgelegene Gehölz ein oder wichen doch in weitem Bogen aus.

Als mittlere Truppgröße aller beobachteten 294 Trupps ergibt sich ein Wert von 10 Individuen (+ 13), die 243 in westliche bis südliche Richtungen überfliegenden Trupps zählten im Mittel 12 Individuen (+ 14). Der größte beobachtete Trupp bestand aus 102 westsüdwestlich ziehenden Hähern. Während der Hochphase des Einfluges war allerdings eine exakte Abgrenzung der unablässig durchziehenden Eichelhähertrupps kaum möglich. Es wurden nur artreine Trupps festgestellt. Die einzelnen Tagesmittelwerte der Truppgröße steigen bis zum Invasionshöhepunkt relativ kontinuierlich an und fallen zum Ende der Invasion wieder deutlich ab, was den Beobachtungen von GATTER (1974) während der Eichelhäherinvasion 1972/73 in Baden-Württemberg entspricht.

Vor 7.30 Uhr MESZ, das entspricht etwa 1 ¼ – ½ h nach Sonnenaufgang – konnten von uns im kontrollierten Zeitraum keine wandernden Häher beobachtet werden. Während der Hochphase des Einfluges zogen Eichelhäher allerdings ab dieser Uhrzeit den gesamten Tag über, also weit über unseren tageszeitlichen Zählzeitraum hinaus, so daß erheblich höhere Tagesmaxima zustande gekommen sein dürften.
Bei Regen und Nebel bzw. Frühdunst fand kein Zug statt (vgl. a. GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993).

Im Frühjahr 1997 konnte wir am Haarstrangabfall keinen auffallenden Heimzug des Eichelhähers beobachten – allerdings wurden von uns auch keine Planbeobachtungen durchgeführt. Einzelne höher überziehende Trupps stellten wir von Anfang bis Ende Mai 1997 – so beispielsweise – fest, ohne daß sich ein auch nur annähernd dem Wegzug 1996 vergleichbares Zuggeschehen entwickelt hätte.

Im Vergleich zu den in der Literatur beschriebenen Eichelhäher-Invasionen fällt der außergewöhnlich frühe Verlauf des Einfluges 1996 auf. Während die Invasionen früherer Jahre überwiegend in der letzten September-Dekade begannen oder doch erst zu diesem Zeitpunkt ihrem Höhepunkt zustrebten (vgl. ZINK 1981, BEZZEL 1993, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993) war der Einflug 1996 unserer Beobachtung nach zu diesem Zeitpunkt bereits beendet. Dies ist um so bemerkenswerter, als daß GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. (1993: 1398) dem Eichelhäher die „(im Gegensatz zu anderen Irruptionsvögeln) Einhaltung phänologisch fixierter Zugzeiten“ als typisches Zugvogel-Grundmuster der Art zuschreiben. Inwieweit unsere Feststellung nur für ein lokal äußerst begrenztes Gebiet gilt bzw. den räumlich begrenzten Charakter des von uns beobachteten Einflugschubes kennzeichnet, bleibt unklar. In Baden-Württemberg konnte C. Wegst (in BARTHEL 1996) in der Wagbachniederung am 15.9.1996 innerhalb von 3 Stunden 1179 südwest ziehende Individuen auszählen, ein Hinweis auf eine ähnliche frühe Kulmination des Zuges in Südwestdeutschland. A. Randler (in BARTHEL 1996) konnte jedoch noch am 29.9.1996 – etwa zehn Tage nach dem Ende des Einfluggeschehens in Westfalen – 399 Eichelhäher (Lotterberg, Baden-Württemberg) feststellen.

Parallelen zum bisher gezeichneten Bild der Eichelhäher-Einflüge (vgl. ZINK 1981, BEZZEL 1993, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993) ergeben sich in der auf einen relativ kurzen Zeitraum zusammengedrängten Durchzugszeit und in der bevorzugten südwestlichen Vorzugsrichtung der wandernden Trupps.
GATTER (1974) beschreibt das Auftreten mehrerer, auch in der Zugrichtung unterscheidbarer Zugwellen im Verlauf von der 1972 am Randecker Maar beobachteten Eichelhäher-Invasion. Derartige, abgrenzbare Wellen waren 1996 im mittleren Westfalen nicht zu beobachten. Die in der Abb. 1 angedeutete Zweigipfligkeit des Einfluges hängt unseres Erachtens eindeutig mit einer zughemmenden, kurzen Schlechtwetterperiode mit starken Regenfällen im Zeitraum vom 12. bis 14.9.1996 zusammen. Die in der Folge auftretende Maximalzahl wandernder Eichelhäher mit konstant bleibender Vorzugsrichtung ist unseres Erachtens als wetterabhängiger Schub infolge eines befristeten Zugstaus zu interpretieren (vgl. a. GATTER 1974).

Herrn Harald Maas, Fröndenberg sei für die zeitweise Unterstützung bei der Zählung der Eichelhäher gedankt.

Literatur:
BARTHEL, H.P., 1996: Bemerkenswerte Beobachtungen. Wegzug 1996. Limicola. 10. H. 6: 322-337.
BEZZEL, E., 1993: Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Bd. II Passeres. Wiesbaden.
GATTER; W., 1974: Analyse einer Invasion des Eichelhähers (Garrulus glandarius) 1972/73 am Randecker Maar (Schwäbische Alb). Vogelwarte. 27:278-289.
GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. et al., 1993: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 13 Passeriformes IV (Muscicapidae – Sturnidae). Wiesbaden.
ZINK, G., 1981: Der Zug europäischer Singvögel. Ein Atlas der Wiederfunde beringter Vögel. 3. Lieferung 1981. Möggingen.

Werner Prünte
Westfeld 77
58730 Fröndenberg

Falko Prünte
Ellerhooksweg 7
49536 Lienen

 

Eichelhäher: Unveröffentlichtes, nicht abgeschlossenes Manuskript vom 13.01.2000 zum Einflug des Eichelhähers 1996 und 1999 in Westfalen

Der massierte Zug des Eichelhähers (Garrulus glandarius) im Spätsommer 1996 im Vergleich zu früheren westfälischen Eichelhäher-Massenzugjahren

von Werner und Falko Prünte

1. Eichelhäher als unregelmäßiger Zugvogel

Standvogel und Teilzieher, auch Wanderungen vom Evasionstyp, Wintergebiet aber innerhalb des Artareals (BAUER, H. G., BERTHOLD, P., 1996: Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. Wiesbaden. 715 S., BEZZEL Kompendium)

ZINK: Unregelmäßiges Zugverhalten des Eichelhähers in Mittel- und Nordeuropa, Jahre ohne oder nur mit geringem Zug, invasionsartige Wanderungen
Durchzug drängt sich auf wenige Tage (meist weniger als 14) zusammen, („wie das bei Invasionsvögeln häufig, bei „normalen“ Zugvögeln aber selten ist“), alle Invasionen in den 60er Jahren im Raum der Kurischen Nehrung Ende September (24.9.61 frühestes Datum) bis Ende erste Oktober Dekade/Mitte Oktober, Herkunftsraum fast ausschließlich aus dem polnisch, baltisch weißrussischen, russischen Bereich, skandinavische Populationen ziehen wohl nicht bzw. kaum über See, typischer Verlauf der Invasionen in mehreren Wellen, die unterschiedlich weit tragen vgl. Berndt u. Dancker 1960,
Starker Zug auf der Kurischen Nehrung meist in der Zeit zwischen Mitte September und Mitte Oktober, Höhepunkte der 19955er Invasion in Falsterbo 2.- 19.10.55
Heimzug meist unerwartet spät E4 – E5 in Rossitten, Rheinland/Niederlande bis Anfang 6, N-Deutschland bis M6,

Blotzheim
Eichelhäher Stand- bis Strichvogel, Teilzieher, der in jahrweise stark wechselnder Zahl zieht und der in manchen Jahren evasive Zugbewegungen mit z.T. spektakulärem Ausmaß unternimmt, SW bis S bevorzugte Zugrichtungen
Evasionen oft aus voneinander unabhängigen regionalen Bewegungen bestehend (auch BEZZEL)
1964 Gdansk in jeweils 4 Morgenstunden 35.000 durchziehende Häher im Verlauf der Invasion vom 19.9 bis 17.10.64
Phänologie: Zug Kurische Nehrung Zugbeginn sowohl bei normalem als auch bei Evasionen beginnt zu Beginn der 2. September-Dekade, ausnahmsweise schon Anfang September oder in den letzten Augusttagen, Höhepunkt zwischen Mitte und Ende September, Ende gegen Mitte Oktober
Randecker Maar/Schwäbische Alb und Bodensee: Beginn der Evasionen in der letzten Augustpentade bzw. Anfang September, Höhepunkt zwischen Mitte und September und Mitte Oktober bzw. in der ersten beiden Oktoberpentaden, Ende gegen Ende Oktober / Anfang November.

SCHÜZ: Eichelhäher bei den pflanzenfressenden Invasionsvögeln genannt

BEZZEL: s. oben und: Herbstzug meist Anfang Sept. bis Anf. Nov. mit jährlich unterschiedlichen Höhepunkten!

Der Eichelhäher gilt in unseren Breiten als Zugvogel mit einem jahrweise sehr unterschiedlich ausfallendem Zugverhalten. Im Abstand von einigen Jahren kommt es bei dieser Art immer wieder zu besonders auffallenden massiven Zugbewegungen mit zu beobachtenden hohen Individuenzahlen. Sowohl 1991, 1996 als auch 1999 waren Jahre mit einer solchen Zugmassierung in Westfalen (vgl. a. PREISS in KRETZSCHMAR et al. 1997a, JÖBGES, KRETZSCHMAR, NOWAKOWSKI, WEN? in KRETZSCHMAR & GLINKA 1997b).
Für 1999 liegen uns leider nur wenige, unsystematisch erhobene Einzelbeobachtungen des Eichelhäher-Zuggeschehens vor. Dagegen können wir für das Jahr 1996 auf eine lückenlose Erfassung des Eichelhäherzuges zurückgreifen, die in der Zusammenschau mit den wenigen Daten aus 1999 einen Einblick in das derzeitige Zugverhalten der Art in unserem Raum erlaubt.
Von Ende August 1996 bis zum letzten Septemberdrittel 1996 registrierten wir in Fröndenberg-Ardey (Kreis Unna, Nordrhein-Westfalen, BRD, 7° 43‘ 52‘‘ O, 51° 29‘ 27‘‘ N) einen auffälligen Einflug des Eichelhähers (Garrulus glandarius). Wir hatten während eines Kleinvogelberingungsprogramms von Anfang August bis Mitte Oktober die Gelegenheit, die Zugbewegungen des Eichelhähers täglich in der Zeit von 6.00 Uhr bis 11.15 Uhr zu verfolgen. Der Beobachtungsort liegt am leicht südlich exponierten Haarstrangabfall umgeben von Ackerflächen und kleineren Feldgehölzen und weist eine Rundumsicht mit einem Radius von ca. 0,5 – 1 km auf.
Schon Mitte August fielen uns die gehäuften Flugbewegungen der Eichelhäher auf, deren Flugbahnen sich aber zu diesem Zeitpunkt noch keiner Vorzugsrichtung zuordnen ließ, und von uns der „normalen“ Dispersionsbewegung der Art zugerechnet wurden. Erst am 26. August beobachteten wir gegen 7.40 Uhr 3 sehr hoch und zielstrebig nach WSW durchziehende Eichelhäher, die uns zur weiteren genauen Zählung der durchfliegenden Häher motivierten. Futtertragende und „Revierverhalten“ aufweisende Häher wurden von uns im Rahmen dieser Zählung nicht berücksichtigt. Ab dem 1. September stiegen dann die Zahlen der beobachteten Exemplare fast täglich an (vgl. Abb. 1).

Bis zum 26.September registrierten wir insgesamt 2992 überfliegende Eichelhäher, davon zogen 2814 (94 % aller Individuen, 85,3 % aller Trupps) in westliche bis südliche Richtungen, 178 in östliche bis nördliche Richtungen (entsprechend 6 % aller Individuen, 14,7 % aller Trupps). Bis zum 16. September konnten wir ausschließlich westliche bis südliche Flugrichtungen beobachten, bis zum 18. September überwogen diese noch deutlich. Erst nach diesem Datum kehrte sich die Richtungsverteilung zugunsten von östlichen bis nördlichen Richtungen um. Nach dem 26. September waren keine auffälligen Zugbewegungen – weder westlich-südliche noch östlich-nördliche – mehr zu beobachten.
Zughöhepunkte konnten wir am 9. und am 15. September mit 700 und 730 morgendlich ziehenden Exemplaren feststellen. Hoch durchziehende Trupps blieben die Ausnahme. Die weitaus überwiegende Zahl der registrierten Häher flog in arttypischer Weise in geringer Flughöhe und unter Ausnutzung deckender Gehölzstrukturen (vgl. GATTER 1974, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993). Wurden von den Hähern vermeintliche Gefahren – Greife, Schußgeräusche etc. – wahrgenommen, fielen die Trupps sofort in das nächstgelegene Gehölz ein oder wichen doch in weitem Bogen aus.
Als mittlere Truppgröße aller beobachteten 294 Trupps ergibt sich ein Wert von 10,2 Individuen (+ 13,4), die 243 in westliche bis südliche Richtungen überfliegenden Trupps zählten im Mittel 11,6 Individuen (+ 14,2). Die zum Ende des Einfluges östlich bis nördlich fliegenden Gruppen wiesen im Durchschnitt 4,2 (+ 3,5) Häher auf. Der größte beobachtete Trupp der westsüdwestlich ziehenden Häher bestand aus 102 Exemplaren am 9.9.1996, während die in Gegenrichtung fliegenden Eichelhäher in Trupps mit maximal 15 Tieren (19.9.1996) unterwegs war. Während der Hochphase des Einfluges war allerdings eine exakte Abgrenzung der unablässig durchziehenden Eichelhähertrupps kaum möglich.

Es wurden nur artreine Trupps festgestellt. Die einzelnen Tagesmittelwerte der Truppgröße steigen bis zum Invasionshöhepunkt relativ kontinuierlich an und fallen zum Ende der Invasion wieder deutlich ab, was den Beobachtungen von GATTER (1974) während der „Eichelhäherinvasion“ 1972/73 in Baden-Württemberg entspricht.
Vor 7.30 Uhr MESZ, das entspricht etwa 1 – 1¼ h nach Sonnenaufgang – konnten von uns im kontrollierten Zeitraum keine wandernden Häher beobachtet werden. Während der Hochphase des Einfluges zogen Eichelhäher allerdings ab dieser Uhrzeit den gesamten Tag über, also weit über unseren tageszeitlichen Zählzeitraum hinaus, so daß erheblich höhere Tagesmaxima zustande gekommen sein dürften.
Bei Regen und Nebel bzw. Frühdunst fand – soweit dies für uns dann feststellbar war – kein Zug statt (vgl. a. GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993).
Im Frühjahr 1997 konnte wir am Haarstrangabfall keinen auffallenden Heimzug des Eichelhähers beobachten – allerdings wurden von uns auch keine Planbeobachtungen durchgeführt. Einzelne höher überziehende Trupps stellten wir von Anfang bis Ende Mai 1997 – so beispielsweise am 12.5. zwischen 10 – 13.00 Uhr insgesamt 8 Exemplare nach Osten ziehend , am 13.5. um ca. 8.00 Uhr insgesamt 7 Exemplare nach Nordost ziehend, am 18.5. ca. 7.00 Uhr insgesamt 9 Exemplare nach Nordost ziehend, am 25.5.1997 2 und 3 Häher zwischen 12.00 und 13.00 Uhr nach Nordwest ziehend – fest, ohne daß sich ein auch nur annähernd dem Wegzug 1996 vergleichbares Zuggeschehen entwickelt hätte.
Für 1999 können wir nur einige Eckdaten und unsystematisch erhobene Beobachtungen zum Eichelhäherzuggeschehen des Jahres aufzeigen. Beobachtung des Zuges von Mitte August bis Ende September 1999, Zugzählungen am 9.9. (Fröndenberg), 12.9., 13.9., 17.9., 20.9. 27.9 (alle Lienen, Kreis Steinfurt, NRW, BRD, 7° 56′ 21“ O, 52° 09′ 31“ N), 30.9.99 (Fröndenberg), gezählt wurden i.d.R. ganze Stundenabschnitte.
Beginn des Einfluggeschehen im nördlichen und mittleren Westfalen etwa wieder im letzten August-/ersten Septemberdrittel nach vorausgehenden gehäuften kleinräumigen Flugbewegungen der Eichelhäher, Zugmaximum offensichtlich in der zweiten Septemberdekade, Ende September 1999 flaut der Zug allmählich ab. Vergleicht man die ebenfalls unsystematisch erhobenen Eichelhäher-Daten in den im Internet publizierten Mailing-Listen, so sind auch dort nach Mitte Oktober für unseren Raum fast keine Eichelhäherzug-Daten veröffentlicht worden. Allerdings weisen verschiedene im Internet veröffentlichte Mails darauf hin, daß gegen Ende September Anfang Oktober sowohl im Skandinavisch-Baltischen Raum als auch in Süddeutschland größere Zugwellen beobachtet werden konnten, die aber offensichtlich Westfalen nicht mehr oder nicht mehr in voller Stärke berührt haben.
Die durchschnittliche Truppgröße der in westliche bis südliche Richtungen ziehenden Häher betrug 1999 6,8 Exemplare (+ 6,9, n=99), der größte Trupp wies 36 Exemplare auf (17.9.99), insgesamt wurden 673 ziehende Häher gezählt. Das gezählte Stundenmaximum von 209 Exemplaren am 13.9.99 belegt, daß die Jahre 1999 und 1996 in der Quantität und in der Lage des massierten Eichelhäherzug durchaus vergleichbar sind. Ebenso wie 1996 steigen die durchschnittlichen Truppgrößen 1999 bis zur Septembermitte zunächst an, um in der letzten Dekade dieses Monats wieder deutlich zurückzugehen.

Westfälische Avifauna mit erheblich späteren Daten der Einflüge (ca. 2 – 4 Wochen später)

Im Vergleich zu den in der Literatur beschriebenen Eichelhäher-Invasionen fällt der außergewöhnlich frühe Verlauf des Einfluges 1996 auf. Während die Invasionen früherer Jahre überwiegend in der letzten September-Dekade begannen oder doch erst zu diesem Zeitpunkt ihrem Höhepunkt zustrebten (vgl. ZINK 1981, BEZZEL 1993, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993) war der Einflug 1996 unserer Beobachtung nach zu diesem Zeitpunkt bereits beendet. Dies ist um so bemerkenswerter, als daß GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. (1993: 1398) dem Eichelhäher die „(im Gegensatz zu anderen Irruptionsvögeln) Einhaltung phänologisch fixierter Zugzeiten“ als typisches Zugvogel-Grundmuster der Art zuschreiben. Inwieweit unsere Feststellung nur für ein lokal äußerst begrenztes Gebiet gilt bzw. den räumlich begrenzten Charakter des von uns beobachteten Einflugschubes kennzeichnet, bleibt unklar. In Baden-Württemberg konnte C. Wegst (in BARTHEL 1996) in der Wagbachniederung am 15.9.1996 innerhalb von 3 Stunden 1179 südwest ziehende Individuen auszählen, ein Hinweis auf eine ähnliche frühe Kulmination des Zuges in Südwestdeutschland. A. Randler (in BARTHEL 1996) konnte jedoch noch am 29.9.1996 – etwa zehn Tage nach dem Ende des Einfluggeschehens in Westfalen – 399 Eichelhäher (Lotterberg, Baden-Württemberg) feststellen.

Vergleich zu den Invasionen aus den 60er Jahren, ggf. der Schluß, das Mitteleuropäische Populationen soweit angewachsen sind, das sich Invasionen auch aus diesem Raum heraus bemerkbar machen.

Parallelen zum bisher gezeichneten Bild der Eichelhäher-Einflüge (vgl. ZINK 1981, BEZZEL 1993, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1993) ergeben sich in der auf einen relativ kurzen Zeitraum zusammengedrängten Durchzugszeit und in der bevorzugten südwestlichen Vorzugsrichtung der wandernden Trupps.
GATTER (1974) beschreibt das Auftreten mehrerer, auch in der Zugrichtung unterscheidbarer Zugwellen im Verlauf von der 1972 am Randecker Maar beobachteten Eichelhäher-Invasion. Derartige, abgrenzbare Wellen waren 1996 im mittleren Westfalen nicht zu beobachten. Die in der Abb. 1 angedeutete Zweigipfligkeit des Einfluges hängt unseres Erachtens eindeutig mit einer zughemmenden, kurzen Schlechtwetterperiode mit starken Regenfällen im Zeitraum vom 12. bis 14.9.1996 zusammen. Die in der Folge auftretende Maximalzahl wandernder Eichelhäher mit konstant bleibender Vorzugsrichtung ist unseres Erachtens als wetterabhängiger Schub infolge eines befristeten Zugstaus zu interpretieren (vgl. a. GATTER 1974).

Herrn Harald Maas, Fröndenberg sei für die zeitweise Unterstützung bei der Zählung der Eichelhäher gedankt.

Literatur:
BARTHEL, H.P., 1996: Bemerkenswerte Beobachtungen. Wegzug 1996. Limicola. 10. H. 6: 322-337.
BEZZEL, E., 1993: Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Bd. II Passeres. Wiesbaden.
GATTER; W., 1974: Analyse einer Invasion des Eichelhähers (Garrulus glandarius) 1972/73 am Randecker Maar (Schwäbische Alb). Vogelwarte. 27:278-289.
GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. et al., 1993: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 13 Passeriformes IV (Muscicapidae – Sturnidae). Wiesbaden.
KRETZSCHMAR, E., GLINKA, S., GLINKA, A., 1997a: 1. Ornithologischer Sammelbericht für Nordrhein-Westfalen. Charadrius. 33: 41-50.
KRETZSCHMAR, E., GLINKA, S., 1997b: 2. Ornithologischer Sammelbericht für Nordrhein-Westfalen. Charadrius. 33: 140-150.
ZINK, G., 1981: Der Zug europäischer Singvögel. Ein Atlas der Wiederfunde beringter Vögel. 3. Lieferung 1981. Möggingen.

Werner Prünte
Westfeld 77
58730 Fröndenberg

Falko Prünte
Ellerhooksweg 7
49536 Lienen